Wem soll ich das Maul stopfen?
Brandnarbe stand seitlich unterhalb des Redesteins, der Blick fest auf Fichtenstern gerichtet. Das matte Licht, das durch die Spalten in der Höhlendecke fiel, zeichnete helle Streifen über das zerzauste Fell des Heilers. Die Worte des Anführers hallten über die Felsen, gedämpft von den feuchten Wänden, getragen vom Murmeln der Katzen, die sich eng aneinanderdrängten.
Er hatte diese Zeremonie gefordert, und doch spürte er, wie die Schwere des Augenblicks ihn an die Erde band. Die Luft war geladen. Nicht mit Ehrfurcht, wie er empfand, sondern mit gespannter Erwartung. Seine Ohren zuckten, als einzelne Stimmen tuschelten; er erkannte die Skepsis, den Unglauben. Doch er hob den Kopf, ließ den Blick langsam durch die Menge gleiten und das Feuer, was in seinen Augen brannte, mochte so manche Katze zum Schweigen bringen. Als Fichtenstern Blätterjunges Namen aussprach, bewegte sich Brandnarbe nicht. Doch innerlich spannte sich etwas in ihm. Er erinnerte sich an Kohlenrauchs warnende Stimme, an die Schatten seiner Träume. Er erinnerte sich an die Dunkelheit, die ihn gefordert hatte, und an das Licht, das er dort nicht fand. Vielleicht war dieses Junge jenes Licht. Schwach, flackernd, aber trotzig. Vielleicht auch nur ein weiterer Prüfstein. Er wusste es nicht. Aber er musste so tun, als wüsste er es.
Jede Katze des GlutClans würde es bereuen seine Auswahl öffentlich in Frage zu stellen, denn Brandnarbe schreckte nicht vor einer Konfrontation zurück, um seine Position, seine Wahl, seine Aufgabe, zu verteidigen und jedes noch so große Maul zu stopfen, wenn nötig. Dies bedeutete nicht, dass er selbst überzeugt hinter seiner Auswahl stand. Oh, definitiv nicht. Blätterjunges wusste es und das reichte. Seinen verletzten Stolz würde er nicht nochmal zur Schau stellen.
Er wandte den Kopf leicht, sein Blick suchte den von Blätterjunges. „Sie wird lernen. Sie wird standhalten. Sie muss es.“ , dachte sich Brandnarbe. Eben hatte sie gesagt, dass sie bereit ist, doch war sie das wirklich? Nur die Zeit mochte enthüllen, ob dies der Wahrheit entsprach. Ein dumpfer Laut vibrierte in seiner Kehle, halb Knurren, halb Atemzug. Dann wandte er sich wieder Fichtenstern zu, nickte knapp. Mit einer leichten Bewegung seiner Schweifspitze deutete er Blätterjunges an, vorzutreten und ihre Antwort zu geben.
Er selbst schwieg. Hielt sich zurück. Doch in seinen Augen brannte etwas, das weder Glaube noch Zweifel war.
Angesprochen: //
Erwähnt: Alle versammelten Katzen
Heilender Zorn
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Es war ein wenig Zeit vergangen, als Fichtenstern sie und Brandnarbe zu sich rief. Blätterjunges sprang sofort auf die Pfoten und trabte flink hinter Brandnarbe her. Auch wenn sie es versucht hatte, so hatte die schmächtige Kätzin sich kaum geistig auf das vorbereiten können, was ihr nun bevorstand. Fichtenstern würde vor dem ganzen Clan verkünden, wohin ihr neuer Weg sie führen würde. Heraus aus den Schatten, an die sie sich so sehr gewöhnt hatte und mitten hinein in den Spott und den Hohn eines Clans, der Stärke über alles andere setze. Sie machte sich auf allerlei gehässige Bemerkungen und unverhohlene Abneigung gefasst, dennoch zitterte sie nicht, als sie sich zum GlutClan gesellte und darauf wartete, dass sie aufgerufen wurde. Schon jetzt spürte sie fragende Blicke auf sich ruhen, denn normalerweise nahm Blätterjunges nicht an Clanversammlungen teil, zumindest nicht sichtbar. Kurz sehnte sie sich zurück in ihre sichere Höhle, von der aus sie stets alles im Blick hatte, doch gleichzeitig gut verborgen vor allen Blicken blieb. Doch dorthin würde sie nun nicht mehr zurückkehren. Als Heilerschülerin würde sie endlich einen festen Platz im Clan innehaben!
Sie streckte die schmalen Schultern und erwiderte die Blicke, die auf sie trafen. Nicht trotzig oder herausfordernd, dazu fehlte ihr der Mut. Doch zumindest hielt sie den Blickkontakt einige Sekunden lang, in ihren grünen Augen beinahe ein Hauch von Selbstsicherheit.
Fichtenstern begann zu sprechen, erzählte von einer Prophezeiung, von der die Jungkatze selbst noch nichts wusste. Kurz begann ihr Fell zu prickeln, als sie die unheilvollen Worte ihrer Ahnen in sich aufnahm. Etwas stand bevor… und Blätterjunges sollte eine Hilfe sein? Kurz drehte sich die Welt vor Blätterjunges Augen, als Fichtensterns Worte weiter durch die Höhle hallten, doch ihre Augen fanden die von Brandnarbe und seltsamerweise brachte das den wankenden Boden wieder in Postition. Ein letzter, zitternder Atemzug, dann hallte ihr Name durch die Höhle, getragen von der donnernden Stimme ihres Anführers und untermalt von dem ungläubigen Raunen des Clans.
Blätterjunges reckte den Kopf, straffte erneut die schmalen Schultern, den Blick nun fest auf Fichtenstern geheftet, auch wenn ihr das Herz so laut in der Brust schlug, dass sie fürchtete jeder Umstehende müsste es hören. Fichtensterns bekräftigenden Worte klangen so falsch, so geheuchelt nach seinem Spott noch Stunden zuvor. Doch er war so überzeugend in seiner Rolle als unterstützender Anführer, dass sogar Blätterjunges ihm diese Rede beinahe abgekauft hätte. Er ließ keinerlei Zweifel an der Wahl der Ahnen verlauten, gab die Illusion vor, dass er vollständig hinter ihr stand. Doch sie wusste es besser, wusste ganz genau, dass er sie mit Adleraugen beobachten würde und nur darauf wartete, dass sie scheiterte. Diesen Gefallen durfte sie ihm nicht tun.
“Blätterjunges, akzeptierst du die Position als Heilerschülerin an Brandnarbes Seite?“ , fragte Fichtenstern sie nun und Blätterjunges Blick fiel auf Brandnarbes. Der Heiler sah sie einen Augenblick lang an, bevor er Fichtenstern zunickte und ihr gleichzeitig bedeutete, vorzutreten und ihre Antwort zu geben. Sie erhob sich und trat langsam vor, ließ den Blick von Brandnarbe zu Fichtenstern und wieder zurück wandern. Sie bewahrte den tadellosen Schein der selbstbewussten Kätzin, während sie langsam, respektvoll den Kopf vor dem Anführer senkte. Es gehörte vermutlich eine gehörige Portion Trotz in die Antwort, die sie nun zu geben im Begriff war, der Wille, sich dem Anführer des GlutClans zu beweisen und ihm zu zeigen, dass sie durchaus etwas Wert war. Ob das der richtige Antrieb war war sicherlich fraglich, doch er sorgte dafür, dass ihre Stimme klar und deutlich war und frei von Zittern durch die Höhle hallte.
“Das tue ich. Es ist mir eine Ehre!“ , antwortete sie so laut ihr kleiner Körper es zuließ, schenkte nun auch Brandnarbe ein anerkennendes Nicken, bevor sie sich leicht umwandte, um die Reaktion des Clans zu verfolgen. Kurz blieb ihr Blick auf Bergviper und Bernsteinpfote liegen, denen sie ein warmes Funkeln in den Augen schenkte. Doch flink wanderte ihr Blick weiter, scannte die Reaktionen ab und schätzte ein, wer ihr gefährlich werden konnte.
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