Every time I trust, I lose
Einige Sonnenaufgänge waren vergangen seit dem Besuch der Clankatzen im Verlassenen Bauernhof. Seitdem hatte sich die Streunerin zurückgehalten und eher im Bauernhof aufgehalten. Doch früher oder später hatte sie wieder eine Pfote aus der Unterkunft der Schattenläufer heraussetzen müssen, um jagen zu gehen. Als sie das letzte Mal auf dem Gebiet der Clankatzen unterwegs gewesen war, hatte sie gejagt und sich mit einer der Clankatzen angelegt, die ihr ihre Beute hatte streitig machen wollen. Widerwillig hatte sie eingestehen müssen, dass die Katze stärker gewesen war als sie weshalb sie die erlegte Elster hatte zurücklassen müssen. Es war besser für die anderen Schattenläufer gewesen, sie an diesem Tag in Ruhe zu lassen.
Warm schien die Sonne auf das braune mit schwarzen Streifen durchzogene Fell während sich ihre schneeweißen Pfoten einen Weg über die hügelige Landschaft suchten. Heute hatte sie sich gegen das Moor, die Zeder und das Hochland entschieden. Die Hügel hatten die Kätzin mehr gereizt. Aus dem Augenwinkel sah sie zu dem weißen Kater mit dem schwarzen Fleck auf der Stirn, der sie heute auf der Jagd begleiten würde. Hab ich ein Glück. Ihre Vorfreude auf eine entspannte Jagd hatte also direkt einen Dämpfer abbekommen. Hoffentlich würde er ihr nicht die Beute verscheuchen. Das letzte Mal als sie mit einem Kater zusammen den Bauernhof für die Jagd verlassen hatte, hatte es sich um Zahn gehandelt, der nebenbei Kräuter gesammelt hatte. Auch bei ihm hatte Dorn befürchtet, er würde ihr die Beute verscheuchen, hatte sich aber nur selbst die Beute verscheucht. Zahn war… besonders aber er war… in Ordnung. Das höchste Lob, das ein Kater von der Streunerin bekommen würde. Sie hob ihren grünen Blick gen Himmel, um zu überprüfen, ob sich Raubvögel näherten. Die Landschaft wäre ideal für das Nisten von Raubvögeln geeignet, die von erhöhten Plätzen auf ihre potentielle Beute herab spähten. Dabei erinnerte sie sich wieder an die Erzählung anderer Streuner von einem Habicht, der den Clankatzen wohl das Leben schwer machte. Dunkelschwinge, glaub ich. Glücklicherweise hatten sie noch nicht die Bekanntschaft des jeweils anderen gemacht.
Auf einem der grünen Heidehügeln blieb Dorn stehen während sie ihren grünen Blick über die Umgebung schweifen ließ. Vermutlich würden sie in dieser Gegend eher Beutetiere erwischen als in der steinigen Ebene, die sie in einiger Entfernung erspähen konnte. ”Verjag mir meine Beutetiere nicht.” , murrte sie an Elster gewandt als sie sich langsam wieder in Bewegung setzte. Hoffentlich war es kein Fehler, ihn mitzunehmen.
Alias — Jacky
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Im Gegensatz zu Dorn war Elster seit dem Besuch der Clankatzen weiterhin in der Gegend unterwegs gewesen. Anfangs nicht allzu weit weg, aber Elster ließ sich nicht gerne einengen.
Auch bei der heutigen Jagd nicht. Er war mit Dorn unterwegs dessen Aufmüpfigkeit und Spitzzüngigkeit gegenüber Katern niemandem entgangen war. Dennoch war Dorn ein Teil der Gruppe die Elster ins Herz geschlossen hatte, und ihre Erfahrungen nahm er natürlich nicht persönlich. Stadtessen nahm er einen deutlichen Abstand zu ihr, um ihr Freiraum zu geben, aber nicht zu viel damit sie sich im normalen Ton miteinander unterhalten konnten. Der Weg verlief ruhig, was nicht anders zu erwarten war. Die Sonne schien auf Elsters mittellangen, hellen Pelz und wärmte ihn. Er dachte an Lajana. Er hatte sie nach ihrer ersten Begegnung nicht mehr gesehen, obwohl er vor wenigen Sonnenaufgängen wieder an dem Zweibeinerort unterwegs war. Nicht wegen ihr, aber er hätte nichts dagegen gehabt sie nochmal zu sprechen. Wahrscheinlich durfte sie aber einfach noch nicht raus und musste sich schonen. Dann schweiften seine Gedanken ganz automatisch zu seinem provisorischen Gedenkort, den er hier in der Nähe eingerichtet hatte.
Sobald er etwas gefangen hatte, würde er hingehen. Wenn Elster schonmal hier war.
Elster blieb neben Dorn stehen und prüfte ebenfalls den Ort mit seinen verschiedenfarbigen Augen. “Verjag mir meine Beutetiere nicht.”, murrte Dorn, wie sie leibte und lebte. Oder nicht. “Die Bühne steht dir frei.” , antwortete Elster im neutralen Ton und anders als mit einem typischen ‘Mache ich nicht’.
Elster tappte schweigend Richtung Norden, wo die einzelnen Bäume und Büsche am Rande des Donnerwegs wuchsen. Er sog mit seiner rosa Nase die Luft ein und roch einen ungewöhnlichen Geruch. Er konnte das Tier aber nicht identifizieren. Nachdenklich folgte er der Spur. Was war das nochmal?
Dann sprang ein Erdhügel in sein Sichtfeld und er unterdrückte sich ein Brummen. Maulwurf. Klar. Hätte er darauf kommen können.
Kopfschüttelnd und augenrollend steuerte er das Zuhause seiner Beute an und ließ sich ins Jagdkauern sinken. Elster prüfte alle Gegebenheiten und schlich ganz langsam näher. Geduldig wartete er in unmittelbarer Nähe des Erdhügels und lauschte. Als der Maulwurf sich nach einer halben Ewigkeit zeigte, sprang der Schattenläufer und tötete es mit einem gezielten Biss. Er vergrub etwas weiter weg vom Erdhügel den Maulwurf halb ein und sog dann erneut die Luft ein. Ratte. Aus der Richtung, in welche er sowieso hinmusste. Elster seufzte und setzte sich in Bewegung. Er wusste nicht, ob er die Ratte erlegen würde. Eigentlich würde er jedes andere Beutetier präferieren. Aber egal. Darüber machte er sich später Gedanken.
Je näher Elster kam, desto beißender wurde der Gestank des Donnerweges. Aber das hielt ihn nicht auf. Der Kater blieb erst stehen, als er bei seinem Ziel angekommen war.
Zwischen den einzelnen Pflanzen steckten zwei Stöcke nebeneinander in der Erde. Unter diesen befanden sich Blumen. Unter einem Stock befanden sich gelbe Blumen, die am Stielende von einem kleinen Stein festgehalten wurden, damit diese nicht davonflogen. Unter dem anderen Stock...befanden sich keine Blumen mehr! Elster sah nach links und rechts und erkannte die weißen Gänseblümchen verstreut eine Baumlänge entfernt herumliegen. Hatte er beim letzten Besuch den Stein zu weit nach unten verlegt? Hatte er vergessen das zu überprüfen? Eilig sammelte Elster die Gänseblümchen auf und legte sie ordentlich unter Evies Stock, wo er den Stein, diesmal richtig, fixierte. Verzeih mir, Evie. Elster strich einmal liebevoll mit der Schwanzspitze über die Blumen und setzte sich dann genau mittig zwischen den beiden Stöcken. Elster senkte den Kopf und hing seinen Gedanken nach. Dabei konnte er den Gestank des Donnerwegs gut ausblenden.
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“Die Bühne steht dir frei.” , antwortete Elster neutral bevor er schweigend Richtung Norden tappte. Dorn verengte ihre grünen Augen und blickte dem Kater für einige Herzschläge hinterher. Schlussendlich verdrehte sie die Augen bevor sie sich in die entgegengesetzte Richtung wandte.
Schon nach wenigen Schritten kroch ihr ein Geruch in die Nase, den Dorn nur zu gut kannte. Die Schattenläuferin kräuselte ihre leberfarbene Nase. Auf eine Ratte hatte sie jetzt gerade wirklich Lust. Nicht. Aber Beute war Beute. Sie seufzte leicht bevor sie die Luft tiefer einsog und ihre Ohren aufmerksam aufstellte. Die Biester waren gerissen und gefährlich für jede Katze. Sie ging lieber kein Risiko ein. Dorn ließ ihren grünen Blick, der im Licht der untergehenden Sonne bernsteinfarben wirkten, über die Gegend schweifen bis sie den bräunlichen Körper entdeckte. Ein Knurren unterdrückend ließ sie sich ins Jagdkauern sinken und schlich vorwärts. Den Blick auf die Ratte fokussiert. Sie achtete auf die Windrichtung und darauf weder den Schweif noch ihren Bauch zu tief hängen zu lassen. Dorn schoss vorwärts und riss die Ratte um, sodass diese auf dem Rücken landete. Das Tier gab zornige Laute von sich während Dorn den Krallen und Zähnen auswich und sich die Ratte auf ihre Beine zu kämpfen versuchte. Sie biss dem Tier in die Kehle und erlegte es mit einem kräftigen Biss. Trotzdem wartete sie sicherheitshalber bis sich die Ratte nicht mehr rührte bevor sie sich mit ihr im Maul aufrichtete.
Ein beißender Gestank drang in ihre Nase und ließ sie das Gesicht so verziehen, dass sie beinahe die Ratte fallen gelassen hätte. War Dorn dem Donnerweg so nah gekommen während sie die Ratte gesucht und erlegt hatte? So weit bin ich doch gar nicht geschlichen. Oder war sie so sehr auf ihre Beute konzentriert gewesen, dass sie alles andere ausgeblendet hatte - auch diesen Gestank? Wahrscheinlicher.
Fast hätte Dorn einen zweiten Geruch durch den Gestank des Donnerwegs nicht wahrgenommen. Sie blinzelte einmal bevor sie ihre Augen verengte, um die weiße Gestalt besser erkennen zu können. Elster? Der Kater schien irgendetwas zu machen. Und machte Dorn ein wenig neugierig. Sie legte ihre Ratte ab, scharrte etwas Erde darüber und trabte auf den Kater zu. Als sie beinahe bei ihm angekommen war, wurde sie langsamer bis sie stehen blieb und beobachtete wie er Gänseblümchen unter einen Stock legte und mit einem Stein fixierte. Dann strich sein Schweif über die Blumen und setzte sich zwischen diesen und einen anderen Stock, unter dem sich gelbe Blumen befanden. Auch dieser Stock und die Blumen wurden mit einem Stein fixiert. Elster hatte seinen Kopf gesenkt.
Dorn legte ihren rundlichen Kopf ein wenig schief. Was tut er da nur? Dachte er über etwas nach? Er wirkte... ein wenig betroffen... War er traurig? Gedenkt er jemandem? Aber was sollten dann die Blumen, Stöcke und Steine? Dorn richtete ihren Kopf wieder auf als sie ein paar Schritte näher kam. Um ihn nicht zu erschrecken, räusperte sie sich leise und ließ das Gras absichtlich unter ihren weißen Pfoten rascheln. Dorn ließ ihren grünen Blick schweifen. "Ein ungewöhnlicher Ort zum Nachdenken." , kommentierte sie mit distanzierter Stimme. "Worüber hast du nachgedacht?" , fragte sie bevor sie den Kater aus dem Augenwinkel ansah. "Oder über wen?"
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Elster dachte nach. Über sein damaliges Zuhause. Darüber was hätte sein können, wenn Asra nicht in ihrer Eifersucht ertrunken wäre und ihn verjagt hätte. Er dachte an Evie. An ihre wunderschönen himmelblauen Augen und das flauschige, weiße Fell, dass durch ihren Überlebenskampf ständig verschmutzt war. Und trotzdem konnte sie ihn viele Nächte von seinem Zittern befreien. Sei es aufgrund der Kälte, oder wegen den Albträumen, die ihn nachts plagten. Manchmal hatte er auch heute noch in etwaigen Momenten das Gefühl, dass ihre Liebe sein Herz wärmte. Heute nicht. Elster fragte sich, ob dieser Ort damit zu tun hatte. Ob er ihr nicht gefiel.
Er dachte an Kazimir. An seine subtilen Momente der Zuneigung, die er in seltenen Situationen zeigte, und an seinen schrägen und trockenen Humor, den er tatsächlich unter der harten und stacheligen Schale seines Herzens besaß. Ihm wäre es vollkommen egal gewesen, wo Elster seinen Gedenkort aufgebaut hätte.
Völlig verschiedene Persönlichkeiten, komplett verschiedene Arten mit der Lebenssituation in der sie gefangen waren, umzugehen. Und dennoch hatten sie es gemeistert wie Profis. Letztenendes wurde Evies Optimismus und ihre Güte ihr zum Verhängnis. Und Kazimir? Das war einfach unfair gewesen. Aber so war das Leben. Grausam und ungerecht. Die wunderbarsten Katzen wurden einem immer viel zu früh entrissen. Zu plötzlich. Ohne Gnade.
Vielleicht sollte ich doch einen anderen Gedenkort suchen. Dir würde es hier nicht gefallen, Evie. Das weiß ich.
Ein leises Räuspern riss Elster aus seinen trübseligen Gedanken. Leicht versteiften sich seine Muskeln. Zwei Herzschläge später erkannte er auch den Geruch, der zum größten Teil von dem Gestank des Donnerwegs überschattet wurde. Wahrscheinlich sollte er wirklich einen anderen Ort suchen. Hier war es auch praktisch nicht vorteilhaft. Das hatte Dorn ihm nun deutlich vor Augen geführt.
Ob sich so meine Beutetiere fühlen, kurz bevor ich sie fange?
Dorn blieb neben Elster stehen, der immer noch die beiden Stöcke fixierte. Verdammt, wie sehr es hasste , dass Dorn ihn in einem Moment der Verletzlichkeit gefunden hatte. Warum ging sie nicht weiter jagen? Was interessierte es sie?
“Ein ungewöhnlicher Ort zum Nachdenken.”, drang die distanzierte Stimme der Kätzin an seine Ohren. Ein ungewöhnlicher Ort für ungewöhnliche Katzen , dachte Elster wehmütig. “Worüber hast du nachgedacht? Oder über wen?”, fragte Dorn daraufhin. Die Antwort darauf würde seinen Rachen und seine Zunge zum Bluten bringen.
Elster räusperte sich, um seine Stimme wieder zu finden. “Ich gedenke zwei toten Katzen.” , antwortete er kühl und zerschnitt seine Blase aus Trauer. Kurz ließ er seine Worte in der Luft verharren, ehe er den Kopf zu Dorn drehte und ihr Gesicht musterte. Irgendwas Nützliches musste er davon ablesen. Aber ohne Erfolg.
“Und welche Ehre wurde mir zuteil, dass sich die herzallerliebste Dorn dazu entschieden hat mir Gesellschaft zu leisten?” , fragte er mit gespieltem, zuckersüßem Unterton, als seine verschiedenfarbigen Augen sich wieder auf seine kleine, aber feine Gedenkstätte, richteten. “Wenn du neugierig bist, sag es ruhig. Und wenn du Fragen hast die dich brennend interessieren, dann stell sie einfach.” , miaute er dann, wieder im normalen Tonfall, wenn auch mit einer Prise Trägheit, als wäre es ihm egal was für Antworten er eventuell liefern würde.
“Aber nur, wenn sie dich wirklich interessieren. Wenn du aus Höflichkeit oder Mitleid hergekommen bist, will ich sie nicht hören.” , fügte Elster hinzu, diesmal deutlich stumpfer und gefühlloser als wolle er sich auf die nächsten Momente vorbereiten. Sich abschotten. Sich und sein Herz schützen. Elster wusste nicht, was er von Dorns Besuch halten sollte. Aber das würde er sicherlich in den nächsten Sekunden in Erfahrung bringen.
Alias — Connor
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