Even the sun couldn’t warm the chill she felt in his absence
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Zunehmend wurde es kühler, die Blätter fielen von den Bäumen, die Äste wurden kahler. Lange würde es zur Blattleere nicht mehr dauern. Am heutigen Tag allerdings bedeckte keine Wolke den Himmel. Es war sonnig und die Luft wärmer als in den kühler werdenden Nächten.
Ihr aquamarinblauer Blick wanderte über die Lagerlichtung. Es war merkwürdig. Egal, wo Wolkenlied nachsah, sie konnte Eismond nicht finden. Ob etwas passiert war? Eismond war ein sensibler Kater - aber auch ein empfindlicher, der mit lauten Geräuschen schlecht zurecht kam. Sie schienen ihn zu stören und ihm über kurz oder lang zu viel zu werden. Ob er an der Blumenwiese ist? Wolkenlied war schon aufgefallen, dass es den schneeweißen Kater in solchen Fällen zur Blumenwiese zog. Wenn er nicht im Lager war... war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er dort war.
So hatte die grau-beige Kätzin das Lager verlassen und sich auf den Weg zur Blumenwiese gemacht. Glücklicherweise war sie nicht weit vom Lager entfernt.
Wie die Bäume ihre Blätter verloren, verwelkten auch immer mehr Blumen auf der Wiese. Traurig, wenn Wolkenlied so darüber nachdachte, war die Blumenwiese doch ein Ort, den sie stets gerne besuchte. Die unterschiedlichen Gerüche der Blumen faszinierten sie immer wieder aufs Neue.
Und an seinem Stammplatz entdeckten ihre aquamarinblauen Augen den weißen Kater. Wolkenlied wurde langsamer bis sie sich dem Kater vorsichtig näherte. "Eismond?" , fragte sie mit leiser Stimme, um ihn nicht zu erschrecken. In ein paar Schwanzlängen Entfernung blieb sie stehen und warf ihm ein freundliches Lächeln zu. Und wieder einmal fiel der grau-beigen Kätzin auf, dass er ein unglaublich hübscher Kater war. Und seine Augen erst! Die Kätzin war unglaublich stolz auf sich selbst, dass es ihr ein ums andere Mal gelang, nicht wie eine verliebte Schülerin vor dem Krieger aufzutreten sondern sich zu kontrollieren. Wäre es anders, würde Wolkenlied vielleicht bei Silberlicht nach ein paar Mohnsamen fragen, um ihre Scham zu betäuben wie es Kieselstein mit ihrer Paranoia tat. "Ist alles in Ordnung?" , fragte die Kätzin mit noch immer leicht gesenkter Stimme. Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit.
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In your presence I feel whole, In your eyes, I’m not strange
Eismond saß wie so oft an seinem Lieblingsplatz bei der Blumenwiese. Es war immer die exakt selbe Stelle. Immer zwei Schwanzlängen vor dem Meer aus Grün und Blüten, damit er diese halbwegs im Überblick hatte und so viel Farben und Eindrücke sammeln konnte wie nur möglich.
Vor zwei Tagen war Eismond auf der großen Versammlung gewesen und es war viel dort passiert. Zum einen war es wie immer unglaublich laut und die Stimmung war zum Zerreißen gewesen. Es gab eine kleine Auseinandersetzung mit Fichtenstern und einem Wurzelclanschüler und er selbst hatte kurz darauf höchstpersönlich mit dem Anführer des Glutclans gesprochen. Er fragte sich warum dieser ausgerechnet zu ihm gekommen war. Wusste er, dass Sonnenruf weggehen würde? Genoss er es, wenn er anderen Katzen die Nervosität und Unruhe ansehen konnte? Eismond musste an Fichtensterns Stimme denken. Jene Stimme die nicht angenehm war. Der man nicht lauschen wollte. Ein Schauder kroch über Eismonds Fell und er legte unwohl seine Ohren an. Auch wenn ihr Gespräch im Endeffekt harmlos ablief, ließ der Gedanke an den Glutclan Anführer sein Pelz unbehaglich prickeln.
Eigentlich hatte Eismond vorgehabt sich nach der großen Versammlung zusammenzureißen, nicht wieder zu flüchten. Zwei Tage hatte er es auch durchgehalten, doch mit jeder weiteren Stunde war die Unruhe gewachsen und gewachsen und heute konnte er es nicht mehr aushalten. Jetzt genoss er die warme Sonne auf seinem schneeweißen Fell, die Gerüche der verschiedenen Blumen, die mit jedem Tag immer weiter verwelkten und die absolute Ruhe, die seine strapazierten Nerven streichelte.
Eine vertraute Stimme. Sie kam nicht plötzlich oder abrupt, erschreckte ihn nicht. Mehr klopfte die Stimme sachte und leise an, als wisse sie genau, wie es um ihn stand. Wolkenlied. Sie war die einzige Katze neben Schneestern die genau wusste, wie sich ihm nähern musste. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn, eins, das vom Inneren kam und nicht von der Sonne über ihm. Eismond drehte den Kopf leicht und blickte Wolkenlied an. Die Sonnenstrahlen ließen ihre hübschen aquamarinfarbenen Augen strahlen und für einen Moment schien die Welt still zu stehen. “Hallo, Wolkenlied.” , begrüßte er sie sanft, mit einem kleinen Lächeln und deutete mit der Schwanzspitze auf den freien Platz neben sich. Ein Angebot sich zu setzen. Ein Zeichen, dass ihre Nähe nicht zu viel war, niemals sein würde. Das ihre Nähe das war, was er gerade brauchte.
Ob alles in Ordnung war? Eismond sah wieder nach vorne auf die Blumenwiese und überlegte kurz. “Jetzt ja.” , antwortete er wahrheitsgemäß, auch wenn die Antwort etwas zögerlich folgte. “Also...falls du das meinst...das...ich bin hierhingekommen, weil es laut war. Also...für mich...” Eismond knetete mit den Pfoten den Boden. Er wusste, dass er sich vor Wolkenlied nicht rechtfertigen oder schämen brauchte. Sie hatte ihm nie das Gefühl gegeben, dass er ihr zu viel oder zu sensibel war. Sie akzeptierte ihn so wie er war. Und dafür war er ihr unedlich dankbar. Es war eher das Gegensprechen seiner eigenen Gedanken, die ihn quälten und ihm das Gefühl gaben, als sei er komisch. “Eigentlich hatte ich mir vorgenommen nach der großen Versammlung nicht wieder wegzulaufen...mich daran zu gewöhnen...irgendwie...” Als hätte das in den ganzen Monden seines Lebens etwas gebracht. Hätte er nicht schon längst abgehärtet sein sollen? “...aber es klappt nicht so wie ich es mir wünsche.” Es würde wahrscheinlich auch nie funktionieren. Er war damit geboren worden, es gehörte zu ihm. Aber so richtig akzeptieren konnte er es immer noch nicht. Eismond zuckte leicht mit den Schultern, als wolle seine Worte herunterspielen. “Aber nicht so wichtig.” , fügte er eilig hinzu. Es machte ihm nichts aus Wolkenlied sein Vorhaben, das nun nichtig war, zu erzählen. Es war eher das Versagen darüber, dass ihn unsicher werden ließ.
“Und bei dir? Ist bei dir alles in Ordnung?” , fragte Eismond vorsichtig und warf ihr einen kurzen, neugierigen Seitenblick zu. Ob es ihr gut ging?
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