Als Blätterjunges an diesem frühen Abend erwachte, begrüßte sie der Husten, so wie all die Monde zuvor schon. Sie riss die grünen Augen auf und ihr ganzer schmaler Körper schüttelte sich unter einer Flut von Hustenstößen. Ihre Lunge brannte wie Feuer und ihr Brustkorb rebellierte heftig gegen die ruckartigen Bewegungen. Die Jungkatze rollte sich von der Seite auf den Bauch und hustete erneut, die Schultern bebten von der Anstrengung. Zitternd kroch sie ein wenig vorwärts, zu dem wassergetränkten Moosballen, der vor ihrem Nest lag. Mit den Pfoten drückte sie darauf und schleckte gierig ein paar Tropfen Wasser auf. Es schmeckte staubig und erdig, doch Blätterjunges schloss seufzend die Augen, als die Flüssigkeit ihre wunde Kehle beruhigte.
Schwach hob sie den Kopf und sah sich um. Das dämmerige Licht verriet ihr, dass Sonnenhoch lange vorbei war. Sie erhob sich schwerfällig in eine sitzende Position und begann damit, ihr zerzaustes Fell zu putzen. Immer wieder musste sie innehalten und husten, ertrug den damit einhergehenden Brustschmerz mit tapfer zusammengebissenen Zähnen und putzte sich dann zielstrebig weiter. Sie konnte sich ja schlecht hier im Heilerbau gehen lassen und aussehen, wie ein zerrupfter Vogel. Mit gleichmäßigen Bewegungen strich ihre kleine rosa Zunge immer wieder über das bunte Fell, bis die kleine Kätzin zufrieden war. Sie ließ sich wieder auf ihr Nest fallen und sah sich mit gespitzten Ohren um. Ihre Glieder schmerzten ein wenig von der Anstrengung, so hatte sie doch die letzten Monde fast ausschließlich liegend verbracht. Das bisschen an Muskeln, das ihr geblieben war war unterentwickelt und hatte schon Mühe, das Gewicht der schmächtigen Kätzin zu tragen. Dennoch fühlte sie sich von Tag zu Tag kräftiger.
Nach einer kurzen Ruhepause erhob sie sich unsicher auf die Pfoten und machte ein paar taumelnde Schritte durch die kleine Heilerhöhle. Ihre Muskeln schrien vor Anstrengung und ihre Hinterbeine drohten immer wieder unter ihr wegzusacken, doch sie hielt sich verbissen auf den Pfoten, und als sie nicht mehr gehen konnte, blieb sie zumindest aufrecht stehen, verlagerte langsam ihr Gewicht von links nach rechts und dann von vorne nach hinten. Es war ihre eigene Art zu trainieren, zu versuchen, etwas zu ihrer Heilung beizutragen. Schwer atmend stand sie nun an Ort und Stelle, bis ein erneuter Hustenreiz in ihrer Kehle hochbrannte und eine Hustenattacke sie von den Pfoten warf. Keuchend brach sie zusammen und wartete gequält, bis der schreckliche Husten endlich nachließ.
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Brandnarbe hatte sich gerade erhoben, als ihn ein bekanntes Geräusch innehalten ließ. Ein trockener, angestrengter Husten, der durch den Heilerbau hallte. Seine gelbgrünen Augen verengten sich leicht, während er sich mit einem leisen Seufzen umdrehte. Blätterjunges .
Er warf einen prüfenden Blick auf die kleine Gestalt, die auf dem Boden kauerte, ihr schmächtiger Körper von einer heftigen Hustenattacke geschüttelt. Der orange-getigerte Heiler zögerte einen Moment, bevor er mit bedächtigen Schritten zu ihr hinüberging. Es war nicht das erste Mal, dass er sie so vorfand.
„Treibst du dich schon wieder auf den Pfoten herum, anstatt dich auszuruhen?“ Sein Tonfall war kühl, aber nicht unfreundlich. Eine Mischung aus nüchterner Sachlichkeit und leiser Erschöpfung. Brandnarbe ließ sich neben ihr nieder und musterte sie mit kritischem Blick. „Du bist doch nicht etwa auf die glorreiche Idee gekommen, Muskeln aufzubauen?“ , murmelte er trocken, während seine Schwanzspitze leicht zuckte.
Blätterjunges hatte mehr Willenskraft als viele Katzen, das musste er ihr lassen. Sie weigerte sich zu akzeptieren, dass sie schwach war, und versuchte immer wieder, sich aufzuraffen. Ein sinnloser Kampf gegen ihren eigenen Körper. Einer, den sie am Ende wohl verlieren würde. Aber Brandnarbe sagte nichts dazu. Er hatte kein Mitleid für sie übrig und kümmerte sich nur um sie, da Bergviper ihn überzeugt hatte.
Er ließ seinen Blick über die schmalen Schultern der Kleinen gleiten, bemerkte das hektische Heben und Senken ihrer Flanken, das angespannte Zittern ihrer Glieder. Ihr Körper war nicht gemacht für das Leben eines Kriegers, egal wie sehr sie es wollte. Und doch kämpfte sie weiter.
Er schnaubte leise und griff mit einer Pranke nach dem Moosballen, den sie zuvor benutzt hatte. „Das Zeug ist ja steinhart. Warst du so beschäftigt mit deinem ‘Training’, dass du vergessen hast, dass ich dir frisches Wasser geholt habe?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, tauschte er das alte Moos gegen ein frischeres aus und schob es ihr wortlos hin.
Er schwieg kurz, bevor er schließlich wieder sprach. Diesmal mit einer Spur von Ernst. „Ich werde bald aufbrechen, um mich mit den anderen Heilern zu treffen.“ Seine Stimme war ruhig, doch in seinem Blick lag eine abschätzende Tiefe. „Bis ich zurück bin, tust du mir einen Gefallen: Kein Herumgetänzel, kein Zusammenbrechen, keine Dummheiten.“ Glücklicherweise war sie nicht alleine. Er hatte Bergviper darüber informiert, dass er bald zum Heilertreffen aufbrechen würde und daher nicht für Blätterjunges da sein konnte.
Er musterte Blätterjunges eindringlich, als wollte er sicherstellen, dass sie seine Worte verstand. Dann schüttelte er leicht den Kopf. „Tja. Wer weiß, vielleicht bringen die Ahnen mir eine göttliche Eingebung, wie ich dich endlich dazu kriege, deine Grenzen zu akzeptieren.“ Seine Schnurrhaare zuckten amüsiert, doch es war keine echte Heiterkeit in seinen Augen.
Blätterjunges war eine Kämpferin... das konnte er ihr nicht nehmen. Aber manchmal fragte er sich, wie lange ihr Körper noch mitmachen würde.
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Mit eleganten, gemächlichen Schritten lief Bergviper durch den Tunnel, der in den Heilerbau führte. Als sie dann das Husten von Blätterjunges hörte, wurden ihre Schritte schneller. Sie sah, wie Brandnarbe der jungen Kätzin ein neues Stück nasses Moos hinschob und eilig lief Bergviper an die Seite von Blätterjunges, hob mit ihrer Pfote ihren Kopf zu sich und leckte mit ihrer rauen Zunge liebevoll über die Stirn der jungen Kätzin »Mein Licht, du machst mir Sorgen, wenn du so viel hustest « miaute sie sanft, ließ Blätterjunges wieder aus ihrer sanften Umarmung und deutete auf den Moosball. »Du musst häufiger trinken, das habe ich dir schon oft gesagt « tadelte das junge Kätzchen liebevoll und erst jetzt, nickte sie Brandnarbe grüßend zu »Musst du bald schon aufbrechen? « fragte sie den Heiler und sah zu ihrer Tochter, ob diese nun von dem frischem Wasser trank.
Wenn man sich Bergviper und vor allem ihren Sohn Granitstille ansah, dann war schnell klar, dass weder Blätterjunges, noch Bernsteinpfote ihre Junge waren. Und doch waren sie es, in dem Herzen der Kätzin. Bernsteinpfote, die Bergviper immer liebevoll "mein Geschenk" nannte und auch ihre Schwester Bernsteinjunges, die den Kosenamen "mein Licht" erhalten hatte, hatte die Kätzin sofort in ihr Mutterherz aufgenommen und sie erhielten die gleiche Liebe, wie auch Marmorjunges und Granitjunges sie damals bekommen hatten.
Als eine Patrouille die Jungen und die tote Mutter damals gefunden hatten, war für die Kätzin ganz klar, dass sie sie aufziehen würde. Bergviper war eine starke und durchaus strenge Kätzin, aber vor allem war sie eine Königin und hatte das Herz einer Mutter. Niemals hätte sie diese Junge ihrem Schicksal überlassen können und hartnäckig hatte sie sich gegen den ein oder anderen im Clan durchgesetzt, damit diese Junge vom Clan akzeptiert wurden. Besonders Brandnarbe hatte sie überzeugen müssen und auch heute wusste die Kätzin, dass er Blätterjunges wahrscheinlich als eine Verschwendung von Kräutern ansah. Und doch, hatte sicher auch der Heiler mittlerweile bemerkt, was für ein außerordentliches Kämpferherz Blätterjunges besaß. Sie war dem Tod nicht nur einmal von der Pfote gesprungen.
Als Blätterjunges die Möglichkeit gehabt hatte, etwas zu trinken, betrachtete Bergviper das bunte, etwas zerzauste Fell des Jungen. Hier und da war es geglättet, sicherlich ein Versuch von Blätterjunges, sich zu putzen. Und doch sah Bergviper noch einige Stellen, die noch ein wenig Pflege benötigten. So legte die getupfte Kätzin sich auf die Seite, zog Blätterjunges mit einer Pfote an sich und begann das Fell von ihr zu putzen. »Glaub ja nicht, dass du eines Tages diese Fürsorge loswirst « miaute die Kätzin zwischen ihren gezielten, sanften Zungenstrichen. »Selbst Granitstille muss hin und wieder damit leben, wenn er sich den Pelz zerzaust. Denn eure Mutter bin ich solange ich lebe und auch danach noch, werde ich hütend über euch wachen « miaute die Kätzin liebevoll und mit einem Schnurren in ihrer Kehle.
Alias — Efeu
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