Wie so oft, seit ihrer Schülerzeit führten ihre großen Pfoten die braun getigerte Kätzin zur Grenze des GlutClans; dem Donnerweg. Der Gestank, der von ihm ausging war schon weit im Mischwald zu riechen, indem sie lebte. Die Dämmerung trat ein und hüllte den Wald in ein mörderisch rotgoldenes Licht. Goldstreif glitt elegant durch das ihr bekannte Gebiet und war durch ihr braunes Fell beim kurzen Hinsehen kaum von den Bäumen zu unterscheiden. Während sie dem Gestank der Monster und des Donnerweges, einem kalten grauen steinartigem Boden entgegenlief, kroch ihr der Geruch von Tod und Verwesung in die feine, altrosa Nase.
Sie rümpfte diese, hielt aber nicht an. Im Gegenteil, steuerte sie noch eher auf den Geruch zu. Die goldbraun getigerte Kätzin schlüpfte aus dem Dickicht, welches ihr Territorium vom Donnerweg schützte. Azurblick, die große, braune zweite Anführerin des GlutClans saß direkt gegenüber von ihr, bloß auf der anderen Seite des Weges. Ihr eisblauer Blick war auf etwas gerichtet, was auf dem Donnerweg lag. Goldstreif folgte ihrem Blick und sie erkannte die Quelle des verwesenden Geruchs. Ein zur Unkenntlichkeit entstelltes Hauskätzchen lag, überrollt von einem Monster, mitten auf dem Donnerweg. Einzig allein das Halsband, welches ein Glöckchen verloren hatte, das in Goldstreifs unmittelbarer Nähe lag, ließ auf die Herkunft der Katze erahnen. "Ein Jammer." , miaute Goldstreif an die langgliedrige Kätzin auf der anderen Seite gewandt.
Goldstreif hatte natürlich mitbekommen, dass Azurblick vor wenigen Tagen eine Patrouille des WurzelClans in die Flucht geschlagen hatte - auf eigenem Gebiet. Peinlich. Und sie war Teil dieses verweichlichten Clans. Goldstreifs Vater, geborener GlutClan Krieger, scheint mehr als nur sein Aussehen an sie übertragen zu haben. Auch erbte die Kätzin das Temperament und die Angriffslust des GlutClans. Schon früh hatte sie sich in ihrem Geburts-Clan fehl am Platz gefühlt. Diese ganzen Naturgeschichten, von denen alle sprachen. Sie hatte sich mehr für die Bräuche des GlutClans interessiert, von der sie auf großen Versammlungen oder durch ihre Mutter erzählt bekommen hat. Vielleicht war der Grund, dass es sie immer an die Grenze zog ihr geteiltes Blut - vielleicht aber auch, weil sie wirklich einfach dorthin gehörte.
"So wird der WurzelClan enden, wenn sie sich nicht endlich aufrappeln und sich nicht weiter von euch erdrücken lassen." , miaute sie - noch immer den Blick auf die tote Katze gerichtet. "Wusstest du, dass Braunellenstern sich mehr um ihren Gefährten schert, als um das Wohlergehen des Clans?" , miaute sie und ihr Blick wanderte hinauf zu der zweiten Anführerin. "Es ist gerade zu lächerlich. Falkenherz schläft sogar bei ihr im Bau. Die große Anführerin kann nicht alleine schlafen? So eine Schande." , miaute sie und schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass sie nicht in so einen verweichlichten, naturverbundenen Clan gehörte.
Ein Gedanke lockte ein Grinsen auf ihr Gesicht. "Ihr habt Silberluchs, Lavendelschleier und Lebenstraum einen großen Schrecken eingejagt." , miaute sie und blickte auf ihre Pfoten, die ihre Krallen ausfuhren. Sie musste an die Gesichter der drei Katzen denken, als sie ins Lager gestürmt waren.
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Der Tod gehörte zum Leben, er war ein ganz normaler Umstand. Etwas, das unvermeidbar war. Azurblick hatte längst akzeptiert, dass auch sie eines Tages sterben würde. Am liebsten in der Schlacht natürlich, an der Seite ihrer Clankameraden. Sie würde dem Tod ins Auge blicken, nicht jaulen oder wimmern, und nach ihrem letzten Atemzug zum SternenClan reisen. Nie und nimmer würde sie in einem Bau verrotten und sich von den Zeichen der Zeit mitnehmen lassen.
Für manche jedoch kam der Tod früher; ein Hauskätzchen - oder zumindest das, was von diesem noch übrig war - fand sein Ende auf dem kalten Asphalt. Es war entstellt, nur noch eine Masse aus zerbersteten Knochen, Fell, Blut und Innereien. Armes Ding, seufzte sie innerlich. Ob seine Zweibeiner es vermissen würden? Waren die Pelzlosen denn überhaupt in der Lage dazu zu empfinden?
"Ein Jammer." Hm, sprach da etwa der Geist des toten Kätzchens zu ihr? Oh, nein, es war eine auf der anderen Seite lauernde WurzelClan-Kätzin. Perplex blinzelnd war sich die zweite Anführerin vorerst nicht sicher, ob ihr Ersteres lieber gewesen wäre. Was hatte ihr ein Samenhirn immerhin zu erzählen? Offenbar eine Menge, wie sich noch herausstellen würde.
Wie ein Wasserfall, begann die Getigerte ungefragt zu quasseln. Eine Sache nach der anderen, dauernd fiel ihr etwas Neues ein. Mehr und mehr offenbarte sie, unbeirrt vom mittlerweile zuckenden Auge der Siamkätzin. "Warum..-" , sie schüttelte den Kopf abruppt. "Wer zum Wald der Finsternis hat gefragt? Hast du niemanden im WurzelClan, den du mit all diesen Informationen belasten kannst, oder macht es dir Spaß meine Ruhe zu stören?" Ja, eine Azurblick fand Ruhe, wenn sie sich mit Monstern konfrontrierte.
Kurz überlegte sie, ob sie einfach aufstehen und gehen sollte. Das Plappermaul allein mit sich selbst zurücklassen, und stattdessen ein schönes Schläfchen im warmen Nest halten. Aber nein, es gab etwas, das ihre Ohren nachträglich zucken ließ. "Wer ist Falkenherz und warum schläft er im Bau der Anführerin?" Gut, nun war ihr Interesse doch irgendwie geweckt.
Als ihr die Trümmertruppe vor Augen gerufen wurde, sinnierte sie stumm für einige Herzschläge. "Beschämend, dass die Heilerin von allen Dreien die größte Klappe hatte. Auch, wenn es letztlich nur leere Worte waren. Der WurzelClan ist dumm. Es ist richtig, die Stärke des GlutClans zu fürchten. Dennoch sollte diese Stärke nicht mit Grausamkeit verwechselt werden. Ich bin nicht grausam, genauso wenig wie mein Clan. Ich würde keine Heilerin grundlos verletzen - auch, wenn sich ihre beiden Begleiter das wohl einreden mochten."
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Goldstreif sah die zweite Anführerin an, welche im ersten Moment abfällig fragte, ob die getigerte Kätzin niemanden im WurzelClan hatte, der sie dies erzählen konnte. Goldstreif schnaubte verächtlich. Der WurzelClan war voller mäusehirniger Idioten. Sie waren so sehr auf Frieden aus, dass sie vergaßen was es bedeutete ein Krieger zu sein. Nicht grausam und tödlich, sondern stark und ehrfürchtig. Goldstreif sah die gereizt wirkende zweite Anführerin des GlutClans an und setzte sich hin. Nur wenige Fuchslängen vom Donnerweg entfernt. Sie saß dort und blickte die hochgewachsene Kriegerin vor sich an.
Bei der Frage nach Falkenherz lächelte Goldstreif in sich hinein. Da hatte sie doch wohl etwas erwähnt, was die Neugierde der zweiten Anführerin weckte. Goldstreif zuckte mit der Schwanzspitze. "Nun ja..." , begann sie und fuhr ihre Krallen aus. Sie dachte an die buschige Anführerin des WurzelClans und Falkenherz. Sie sah vor Augen, wie die beiden verliebt wie Junge aus dem Bau kommen und wieder in diesen verschwanden. "Falkenherz ist der Geliebte der großen Anführerin Braunellenstern." , miaute Goldstreif abfällig. "Mich würde es nicht wundern, wenn sie schon trächtig von ihm ist. Seit ihrer Ernennung habe ich ihn nicht mehr im Kriegerbau gesehen." Ob die Anführerin wohl Angst hatte, alleine zu schlafen? Zuzutrauen wäre es ihr.
Goldstreif lachte leise bei den Worten über die junge Heilerin. Dass gerade sie genug Mumm erwiesen hatte, um gegen die GlutClan Katzen anzutreten hatte Goldstreif bei der Erzählung der drei Katzen stark verwundert. Kaum größer als ein Junges war die kleine Heilerin. Sie selbst hätte sich nicht so leicht aus ihrem Territorium vertreiben lassen. Sie lauschte dem Monolog der Kätzin und stimmte ihr zu. Doch würde sie nicht in den haarigen Hintern der zweiten Anführerin krabbeln, um ihr zu gefallen. Nein, das war nicht Goldstreifs Stil.
"Ich stimme dir zu, Azurblick. Der WurzelClan ist dumm." , miaute sie und malte mit einer Kralle einen Kreis auf den erdigen Boden. Dann sah sie wieder auf und fixierte die blauen Augen der zweiten Anführerin vor ihr. "Sie sind töricht. Braunellenstern möchte Angriffe vermeiden, um nicht schlecht da zu stehen." , fügte sie hinzu. Upsie.. hatte sie zu viel gesagt? Ein kurzes, fieses Grinsen bildete sich auf ihren Lefzen.
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Azurblick hatte die WurzelClanerin schweigend beobachtet, welche sich gegenüber von ihr setzte. Beide Kätzinnen trennte lediglich der Donnerweg - und das tote Hauskätzchen auf diesem - über welchen hin und wieder ein Monster donnerte. Sie selbst fürchtete keine Monster. Zumindest nicht, solange diese auf dem kalten Asphalt blieben. Dort stellten sie keinerlei Gefahr da. Solange man ihn nicht überquerte, natürlich.
"Falkenherz ist der Geliebte der großen Anführerin Braunellenstern." , miaute die Kriegerin in abfälliger Manier, genauso wenig begeistert, wie es die Siamkätzin war, als sie jene Information mit zuckenden Ohren entgegen nahm. "Mich würde es nicht wundern, wenn sie schon trächtig von ihm ist. Seit ihrer Ernennung habe ich ihn nicht mehr im Kriegerbau gesehen." Blinzelnd wurden die Worte verarbeitet, ehe sie ihren Kopf schrägte und skeptisch eine Braue hob.
"Anhand deiner Reaktion über diesen Zustand, scheint das nicht normal im WurzelClan zu sein" , stellte Azurblick fest. "Sag mir, warum forderst du, oder andere Krieger deines Clans, sie nicht einfach heraus? So könnte man das Problem doch lösen." Dass man das lediglich im GlutClan so tat, erschloss sich ihr überhaupt nicht. Was sprach denn dagegen seinen Anführer herauszufordern und zu stürzen, wenn dieser zu schwach oder ungeeignet war?
Zustimmung folgte, welchen die zweite Anführerin erneut ungläubig dreinblicken ließ. Dass der WurzelClan unterlegen war, stellte kein Geheimnis da, doch dass eine Katze dessen bereitwillig zustimmte, empfand sie als ungewöhnlich und missfiel ihr sogar. "Wenn du deinen Clan so dumm findest, dann ändere etwas oder verlasse ihn, denn illoyale Katzen, die nicht für ihren Clan und dessen Grundsätze einstehen, braucht niemand. Ich kann nichts weniger leiden als Nichtstuer, die im Selbstmitleid versinken und sich über ihre Situation beschweren, aber keinerlei Mühe aufbringen, um etwas zu ändern."
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"Der WurzelClan ist anders, als der GlutClan. Dort wird nicht einfach jemand herausgefordert und gestürzt." , miaute sie ruhig und zuckte mit dem Schweif, während sie die langgliedrige Kätzin beobachtete und aufmerksam ihren Worten lauschte. Sie legte den Kopf schief, während die zweite Anführerin sprach. "Also," , miaute Goldstreif und blinzelte. "Ich versuche etwas an der Situation zu ändern." Sie blickte auf das tote Kätzchen, welches zwischen den beiden Kriegerinnen lag. So wollte Goldstreif nicht enden, doch genau das würde das Schicksal ihres Clans sein. Zwar nicht von einem Monster, aber von dem GlutClan überrollt.
Goldstreifs Herz schlug schnell, als sie erneut ihre Stimme erhob. Seit sie ein Junges war hatte sie auf diesen Moment gehofft und gewartet. Geduldig im WurzelClan gewartet. "Ich trage GlutClan Blut in mir und es wäre für mich eine Ehre, deinem Clan zu dienen." , miaute sie und kniff die Augen zusammen. "Ich ruhe mich nicht auf dem Fakt aus, dass Farnkralle mein Vater ist. Es zog mich schon immer hier her und ich glaube, ich könnte dem GlutClan ein guter Gewinn sein und würde ihm dienen mit allem was ich habe." , miaute sie und ihr Blick ruhte auf Azurblick. Sie wusste wahrscheinlich, dass Goldstreif selbst Katzen des GlutClans angegriffen hatte. Doch wie hatte sie sonst reagieren sollen? Sie wollte nicht als feige im WurzelClan gelten und Braunellenstern zu zeigen, dass niemand auf sie hörte, tat ihr gut.
Goldstreif wartete geduldig auf die Worte der zweiten Anführerin. Wahrscheinlich würde diese sie auslachen und verspotten, doch Goldstreif hatte es endlich geschafft ihren Mut zusammen zu nehmen und auf die zweite Anführerin zu zu gehen. Die junge Kriegerin war tatsächlich kurz davor, der GlutClan Katze anzubieten für sie zu spionieren, doch sie wollte nicht so verzweifelt rüberkommen. Daher blieb sie auf ihrer Seite des Territoriums und fixierte die azurblauen Augen der Siamkätzin.
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Ohne Zweifel war Azurblick überrascht gewesen, als die WurzelClan-Kriegerin ihr erklärte, dass es keine Rangkämpfe gab und man seinen Anführer auch nicht herausforderte, wenn dieser seinem Amt nicht gerecht werden konnte. Klar, das machte ja auch Sinn. Im GlutClan ging es eben härter zu und die Bedingungen waren harscher, aber warum man sich einfach mit einer schwachen Führungskraft abfand, erschloss sich der zweiten Anführerin dennoch nicht so recht. Sie blinzelte nachdenklich und das Haupt schrägte sich ganz von selbst.
"Und wie willst du etwas an der Situation ändern?" , fragte sie interessiert aber gelassen, die azurblauen Iriden die getigerte Kriegerin fixierend. "Wirst du eine neue Tradition einführen? Braunellenstern stürzen? Oder deinen Clan verlassen?" Ihre letztere Mutmaßung bewahrheitete sich sogar, als die WurzelClanerin erneut sprach und überraschte sie angesichtsdessen, in welche Richtung sich die Konversation von Anfang an entwickelte, auch nicht all zu sehr.
"Aha, und du denkst, dass eine illoyale Kriegerin, die ihren eigenen Clan, der sie großgezogen, durchgefüttert und ausgebildet hat, ohne mit der Wimper zu zuckern verrät tatsächlich eine Bereicherung für den GlutClan wäre? Soll das ein Scherz sein?" Ruhig und gefasst, waren Azurblicks Worte dennoch scharf und schneidend wie gewetzte Klauen. Sie gab nicht viel Wert auf die Spinnereien ihres Gegenübers, schon gar nicht auf deren Gefühle.
Doch dann, ganz plötzlich, ereilte sie ein Gedanke. Eine Idee. Ein Geistesblitz. Irgendetwas, das definitiv eine Überlegung wert war. "Wie war dein Name noch gleich?" Die Haltung mutete plötzlich wieder etwas neutraler an und weniger feindselig als zuvor, ohne jedoch preiszugeben, was ihr durch das Oberstübchen ging. Jedenfalls ratterte es dort, während ihre Augen nur verstohlen funkelten. "Vielleicht kannst du mir ja zeigen, dass deine Bitte bedacht werden kann. Dass du es wert bist, ein Teil des GlutClans zu werden - wie es dein Vater war."
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