Wer nicht sehen kann, muss spüren.
Es war keine spontane Aktion des kleinen Katers. Tagelang hatte er daran gearbeitet Leopardenteichs Unterbewusstsein zu trainieren nicht darauf zu reagieren, falls er sich von ihrem schlafenden Körper entfernte.
Anfangs hatte die Kätzin ihn noch fest umklammert oder den Schweif um ihn geschmissen, war sogar aufgewacht und hat ihn geputzt. Doch Stück für Stück hatte er sich weggerollt, weggestreckt oder ist nur neben ihr eingeschlafen statt wie gewohnt dicht an sie gepresst.
Oft genug wollte er seinen Plan verwerfen, denn es kostete ihn nicht nur schönen Schlaf, sondern auch die Wärme der Kätzin, welche ihn immer wieder zurück ins Bett lockte.
Oft genug ist der kleine Kater auch nach kurzer Zeit wieder eingeschlafen.
Nur kurz ausruhen… , dachte er sich dann immer, bevor der Schlaf ihn ergriff.
Was seinen Plan auch noch erschwerte, war es herauszufinden, welche Tageszeit es momentan war.
Immerhin konnte er dies schwer sehen. Für ihn war immer Nacht.
Nacht war dann, wenn es nicht nur das Lager ruhig war, sondern auch die Natur - und Katzen schnarchten. Das würde ihn wohl eines Tages auch erwarten, wenn er in den Kriegerbau ziehen muss.
Schleierjunges wartete ungeduldig darauf, endlich Schüler zu werden.
Aber noch ungeduldiger war er, endlich Leopardenteich auch etwas zurückgeben zu können. Sie hatte ihm so viele Spielsachen gebracht.
Und die Erzählungen der Ältesten am vorherigen Tag, als das Geschenk des Sternenclans stattfand, hatte ihn nur noch mehr ermutigt, seinen Plan schnell umzusetzen. Was ist, wenn er später als üblich als Schüler ernannt wird, nur weil er nicht nur blind war, sondern sich auch nicht wie ein übliches Junge verhielt, das Unfug stiftete?
Immerhin konnte er das Lager nicht mit seinen Augen erkunden, sondern mit seinen anderen Sinnen.
Sein Leben fing erst richtig mit seinem dritten Mond an, an dem Tag, an dem er erblindete.
Was, wenn er erst mit 9 Monden zum Schüler wird?
Er wäre eine Last!
Er schüttelte diese Gedanken ab.
Schritt eins hatte er geschafft. Der kleine Kater stand unentdeckt im Eingang des Jungenbau.
Nun kam es zur nächsten Herausforderung.
Die Blumenwiese finden.
Dort wollte Schleierjunges Blumen für Leopardenteich finden. Vielleicht sogar schon eine Maus fangen! Dann musste Schneestern ihn zu einem Schüler machen! Blumen waren aber eher sein Ziel.
Aber wo genau befand sich die Blumenwiese? Die ganzen beiläufigen vagen Beschreibungen, die die Katzen am vorherigen Mondhoch von sich gaben, half einem blinden Kater nicht.
Was er aber wusste, war, dass der Anführerfelsen sich in der Mitte des Lagers befand. Vielleicht könnte er dann von dort aus die Blumenwiese erschnuppern? Immerhin führten bestimmt viele Wege an diesem vorbei.
Dass der Heilerbau und dessen Heiler hier auch eine wichtige Rolle spielten, vergaß der kleine Kater aber komplett.
Geduckt und vorsichtig tastete er mit einer Pfote nach einer Wurzel im Boden, die für ihn der Startpunkt seiner Reise war. Schleierjunges wusste inzwischen, wie viele Schritte er zum Kriegerbau, Schülerbau und Frischbeutehaufen brauchte. Gestern hatte er vergessen, seine Schritte zum Anführerfelsen vor Aufregung zu zählen, aber er wusste diese trotzdem ganz grob. Nur die Richtung musste er erneut und diesmal ohne Leopardenteichs Hilfe herausfinden.
Mit seiner linken Pfote tastete er den Boden ab und spürte, an welchen Stellen das Gras platt getreten und zertreten war und sich mehr lehmiger, vertiefter und festerer Boden stattdessen dort befand. Es blieben gar nicht mehr so viele unbekannte Pfade übrig, und die zielstrebige Richtung ‘Mitte’ war dann doch leichter als gedacht.
Er schlich geduckt voran. Zwar war er sich sicher, dass niemand auf der Lagerlichtung weilte, aber trotzdem wusste er nicht, wie gut man ihn sehen konnte oder wie dunkel oder gut getarnt er war.
Das Gras wurde immer weniger Richtung Anführerfelsen durch das Laufen und Rennen etlicher Katzen tagtäglich. Zusätzlich hörte er das vertraute leise Plätschern des Rinnsaals, das den Anführerfelsen umgab.
Endlich beim Anführerfelsen angekommen, war sich der Kater plötzlich sehr unsicher. Er hatte schon lange gebraucht, bis zum Anführerfelsen.
Was, wenn Sonnenaufgang war? Er war sich gar nicht sicher, wie lang ein Mondhoch war.
Eins war nun klar.
Die Blumenwiese musste auf ein anderes Mal warten.
Aber noch wollte er nicht zurückkehren.
Der Kater prüfte die Luft und hoffte sofort erkennen zu können, aus welcher Richtung eine deutliche Blumennote kam.
Dem war leider nicht so.
Es roch aus verschiedenen Richtungen blumig, und der Nachtwind half ihm nicht weiter. Manchmal war sich Schleierjunges sicher und dann verunsicherte der Wind ihn durch einen Richtungswechsel.
Dem Kater kam ein Gedankenblitz.
Gestern schwärmten alle von diesem Sternenclan.
Die könnten ihm doch dabei helfen? Musste man dem Sternenclan nah sein? Schneestern befand sich doch immer hoch auf dem Anführerfelsen.
Bisher hatte sich Schleierjunges weiterhin nicht getraut, auf etwas zu klettern. Er mochte seine vier Pfoten fest auf dem Boden. Der Boden war vertraut und sicher. Doch vielleicht könnte er auch vom Anführerfelsen aus besser riechen?
Sehen zu können, hätte mir viel erspart , seufzte er innerlich.
Der tastete sich sehr zaghaft voran. Hatte er einen Vorsprung mit beiden Pfoten erfühlt, zog er sich mit den Vorderpfoten und einem kleinen Sprung hoch.
Sofort erfasste ihn eine primitive Angst, die ihn den Atem anhalten ließ. Isoliert auf dem kleinen Steinvorsprung auf dem Anführerfelsen. Er erstarrte und musste sich erst einmal wieder fassen.
So hoch konnte es gar nicht sein. Außerdem konnte er doch keinen Rückzieher machen! Stur drückte er sich an den Felsen, nach Halt suchend und tastete leise nach dem nächsten Vorsprung. Für diesen musste er sich auf die Hinterbeine verlagern und in die Höhe strecken.
Nun aber wurde dem kleinem Kater doch sehr mau und sein Herz hämmerte in seiner Brust wie ein gefangener Vogel. Es fühlte sich nun doch sehr hoch an. Ein wenig hätte er schwören können, war der Wind hier oben eisiger und wilder. Sein blinder Blick neigte sich gen Himmel.
Ob dort oben gerade die Sterne leuchten? Ob sie ihn hier unten sehen konnten? So etwas wie der Sternenclan.
Ein wenig beruhigte ihn dieser Gedanke dann doch. Aber nur weil er ihnen stur zeigen wollte, dass er in der Lage ist, einen Felsen zu besteigen.
Das Junge hatte noch keinen Gedanken daran verloren, wie er wieder herunterkäme.
Traumläufer
Alias — Steffi
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Mit einem Schrecken wurde die junge Kriegerin wach, hob ihren Kopf und spürte noch ihr Herz, wie es in der Brust hämmerte und Kleinmotte hatte Angst, es könne ihren Brustkorb sprengen. Die Angst umklammerte sie noch immer, gab sie nicht frei und schien sie wie gefangen zu halten. So dauerte es einige Herzschläge, bis die junge Kriegerin sich aus dem Nest erheben konnte und in die dunkle Nacht raustrat. Töte sie! Du musst endlich lernen zu töten, wenn es drauf ankommt! Noch immer konnte sie die Worte von Rosenherz hören, welche sie im Traum zwingen wollte, einen unschuldigen Schüler zu ermorden. Kleinmotte schüttelte den Kopf und versuchte die Gedanken abzuschütteln. Ein ehrenwerter Krieger muss nicht töten. Gedanklich versuchte sie sich zu trösten, sich zuzureden, dass die Kätzin was Falsches von ihr verlangte. Doch Rosenherz hatte ihr so viele Kampfzüge gezeigt, hatte viel mit ihr trainiert und hatte sie unterstützt. War es wirklich falsch, was die Kätzin nun verlangte, oder lag Kleinmotte falsch und war vielleicht zu verweichlicht?
Ganz von dem Gedanken loslassen konnte Kleinmotte nicht, doch ihre Gedanken rückten etwas in den Hintergrund, als sie Schleierjunges auf dem hohem Felsen in der Lagermitte antraf, von dem aus Schneestern immer ihre Clantreffen einberief. Was macht Schleierjunges mitten in der Nacht im Lager? Und ganz alleine noch dazu. Langsam trottete die Kätzin zu dem blinden Jungen und schnaubte kurz »Schleierjunges. Was treibt dich denn mitten in der Nacht aus der Kinderstube raus? « fragte sie mit ruhiger Stimme und beobachtete, wie das blinde Junge es auf den Felsen geschafft hatte. »Willst du etwa ein Clantreffen einberufen, Schleierstern? « mauzte die Kätzin und hoffte, es würde Schleierjunges gefallen ein kleines Spiel zu spielen. Schließlich hatte sie damals mit ihrem Bruder auch immer solche Spiele gespielt. Erlenjunges wurde zu Erlenstern und Kleinjunges war die Stellvertreterin ihres Bruders, hatte sich damals Kleinschweif genannt und gefühlt wie ein richtiger Krieger. Nun war sie eine richtige Kriegerin, doch so heldenhaft wie in ihren Jungentagen fühlte sie sich überhaupt nicht.
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Aus einer Motte einen Elefanten machen
Schleierjunges hatte gerade all seinen Mut zusammengenommen, um sich auf die nächste Erhöhung zu wagen, als plötzlich eine Stimme durch die Stille der Nacht drang. Vor Schreck verlor er fast die Balance und drückte sich mit gesträubtem Fell an die Felswand - sein Atem ging schnell und neigte den Kopf nach unten, um besser zu hören. Die geweiteten milchigen Augen suchten instinktiv nach einer Bestätigung für das, was er gerade gehört hatte – doch da war nichts als seine gewohnte Dunkelheit.
»Schleierjunges. Was treibt dich denn mitten in der Nacht aus der Kinderstube raus?«
Das Junge musste diese Worte kurz verarbeiten und dann schluckte er ertappt.
“Ähm!” fing er an. Es hatte nicht damit gerechnet, erwischt zu werden und hatte keine Ausrede parat.
Die Stimme kam ihm bekannt vor. Kleinmotte.
Puh! Nicht Leopardenteich zum Glück! Erleichtert atmete er aus.
“Nicht so laut!” flehte er kläglich zu ihr runter und seine Ohren drehten sich nervös in alle Richtungen.
Sehr peinlich berührt fingen seine Pfoten an, den Boden zu massieren, und er drehte den Kopf zur Seite. Sein Schweif zuckte nervös.
Ein unwohles Wimmern entkam ihm, als Kleinmotte ihn Schleierstern nannte.
Andererseits fand er den Gedanken dann doch sehr amüsant.
“Ein blinder Anführer?” murmelte er vorsichtig und wandte den Blick zu Kleinmotte. Ein wenig streckte er dann doch selbstbewusst die Brust heraus - die Idee gefällte ihm - doch dann fiel er wieder in sich ein, wie eine Sandburg.
“Ich kann den Sternenclan nicht sehen…” gab er klein zu und wandte den nutzlosen Blick gen Himmel. “Oder seine Zeichen.”
Dabei musste er an den vorherigen Tag denken, wo das Geschenk der Sterne stattfand und Kleinmotte und Krähenruf mitteilten, dass sie ein Zeichen vom Sternenclan gesehen hatten. Ein Zeichen, das er nie sehen könne.
“Kann man dann trotzdem Anführer werden?”
Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Doch die unausgesprochene Frage hing schwer in der Luft.
Oder überhaupt ein Krieger?
Unsicherheit machte sich wieder in ihm breit und er kauerte sich näher an die Felswand.
“Ich dachte, hier oben könnte ich dem Sternenclan so nah sein, wie es Schneestern ist …oder Flussgeist… oder jeder andere im Clan.”
Irgendwie fiel es dem Kater leicht, solche Sorgen zu äußern. Er konnte nichts sehen, was ihn verunsicherte, und er konnte vortäuschen, als wäre jede Stimme, die in seiner dunklen Welt zu ihm sprach, Leopardenteichs.
Mit einem Zucken widerfuhr dem Kater ein merkwürdiger Gedanke, den er für ziemlich blöd empfand. Aber trotzdem wollte er ihn äußern.
“Woher weiß ich, dass du keine Sternenclankatze bist, Kleinmotte?”
Beschämt scharrte er mit den Krallen über den Felsboden und legte dann den Kopf in den Nacken und blinzelte den Nachthimmel wieder an. Irgendwo da oben sollten kleine leuchtende runde Bällchen schweben und ein ganz großer, der aber auch manchmal klein wurde. Schräg. Und dort ist ein Clan?
Mit einer weiteren erschreckenden Erkenntnis schnappte Schleierjunges nach Luft und sein Blick schnellte in Kleinmottes Richtung.
Schlafe ich vielleicht noch?!
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Alias — Steffi
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Als Kleinmotte sich dem blindem Jungen genähert hatte, erschreckte sich Schleierjunges kurz. Dann ermahnte er sie, nicht so laut zu sein und die schwarze Kätzin verstand. Schleierjunges hatte sich aus der Kinderstube geschlichen, um alleine zu sein, oder zumindest ohne die wachsamen Augen von Leopardenteich. Auch ihr Bruder und sie hatten sowas getan und es gehörte doch irgendwie zum Jungensein dazu, solange man sich nicht ernsthaft in Gefahr brachte. Als die Kätzin ein Spiel mit dem Kater spielen wollte, dachte Schleierjunges sofort an die Tatsache, dass er blind war und fragte die Kriegerin, ob das überhaupt funktionieren würde. Nachdenklich legte die Kätzin den Kopf schief »Nun, der Heiler aus dem BrisenClan ist blind, Schleierjunges. « erklärte Kleinmotte und dachte an den orange-weißen Kater. »Ich bin mir sicher, dass er die Zeichen des Sternenclans versteht. Aber ob er sie wirklich sehen kann, oder ob er sie anders wahrnimmt? Weißt du was? Wir sollten Silberlicht darum bitten, Echowind beim Halbmondtreffen zu fragen, wie er die Zeichen des Sternenclans wahrnehmen kann. Wenn er sie erkennt, dann du doch sicherlich auch! « mauzte sie motivierend und war sich sicher, dass der ältere Heiler aus dem anderen Clan die Zeichen schon auf irgendeine Weise verstehen musste.
Als Schleierjunges sie fragte, ob sie selbst eine Sternenclankatze war, schnaubte Kleinmotte und schüttelte den Kopf, obwohl das Junge dies sowieso nicht sehen konnte. »Nein, ganz bestimmt nicht « miaute sie und klang dabei unbewusst betrübter, als sie es beabsichtigt hatte. Eine Katze, die des Nachts so erbarmungslos an einem so trostlosem Ort trainiert, um die beste Kriegerin zu werden, konnte keine Katze des Sternenclans sein, da war sich die junge Kriegerin sicher. »Ich bin echt, ich bin wirklich hier und du träumst nicht. Du hast dich rausgeschlichen, nicht wahr? Was hast du denn vorgehabt? « fragte die Kätzin neugierig und war bereit, etwas mit dem Jungen zu unternehmen. Solange sie das Lager nicht verließen, war es nicht falsch sich mit Schleierjunges zu beschäftigen. Und sicher würde das Junge dann später schlafen und die Königin Leopardenteich hätte ein paar ruhige Momente für sich selbst. Doch so liebevoll wie die Kätzin sich um das blinde Junge kümmerte, brauchte sie das sicher nicht. Sicher verbrachte sie jeden Herzschlag gerne mit Schleierjunges.
Alias — Efeu
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“Nun, der Heiler aus dem BrisenClan ist blind, Schleierjunges.”
Geschockt atmete Schleierjunges ein.
“Was?”
Er hatte dies vollkommen vergessen. Leopardenteich hatte ihm das einst erzählt, um Schleierjunges Hoffnung zu machen.
Aber nur ein Heiler… Kein Krieger, dachte er sich.
“Das…” Schleierjunges konnte es nicht in Worte fassen, wie er sich bei Kleinmottes Vorschlag fühlte.
Echowind, den blinden Heiler treffen. Ob dies Schleierjunge half, die Welt besser zu verstehen?
“Das wäre toll!” Stieß er dann doch erfreut hervor und schlug schnell eine Pfote auf seinen Mund, da er vor Freude zu laut war.
Seine Ohren zuckten wieder ganz wild und versuchten herauszufinden, ob ihn jemand anderes gehört hatte und sich näherte. Sein Kopf drehte sich dabei ganz leicht.
Auf seine Frage, ob sie denn eine Sternenclankatze sei, schnaubte Kleinmotte als Antwort zuerst und Schleierjunges schluckte beschämt.
Natürlich nicht.
Plötzlich fühlte er sich sehr fehl am Platz und ganz dumm für seine Aktion, obwohl Kleinmotte ihn gar nicht schimpfte. Ihre Stimme klang auch nicht spöttisch, nicht abweisend.
Vorsichtig lehnte er sich über den kleinen Felsvorsprung und streckte eine Pfote hinab und fühlte nach dem nächsten Vorsprung.
Leider reichten seine kleinen Ärmchen nicht und er fühlte nur Leere.
Schleierjunges schnappte nach Luft und zog sich zurück auf seinen Vorsprung.
Wie weit oben war er? Drei Stufen hatte er gezählt. Das konnte nicht hoch sein! Weiter hoch wollte er nun auch nicht mehr. Nicht mit Kleinmotte als Zuschauerin. Noch mehr Blöße könnte sein kleines Herz nicht ertragen.
Es war eins darüber zu reden, aber etwas anderes, es zu zeigen, wie er als blindes Junges in der Welt navigierte und fehlschlug.
Auf jeden Fall wollte er nicht mehr auf dem Stein hocken und zu Kleinmotte herunterreden. Es fühlte sich falsch an.
Kurz sammelte Schleierjunges all seinen Mut und mit einem Satz, so wie er es sich immer im Kopf vorgestellt hatte, wie Schneestern vom Anführerfels sprang, hüpfte er herunter. Sein Herz hämmerte in seiner kleinen Brust, und die Angst hatte ihm den Hals geschnürt.
Beim Aufkommen knickte er kurz mit einer Pfote weg, richtete sich zügig und versuchte den Schmerz zu überspielen, indem er ganz stolz grinste, während er auf seinen Pfoten kurz hin und her schaukelte, um das unangenehme Ziehen zu vertreiben.
Fast hätten seine kleinen Beine seinem Gewicht nachgegeben und er hätte eine Ladung Dreck gefressen.
Kurz lauschte er Kleinmottes Atmung, um sie auszumachen und zu wissen, wo er sich hinsetzen musste.
“Was hast du denn vorgehabt?” Hatte Kleinmotte gefragt.
Fast hätte er gefragt, ob man die Blumenwiese vom Anführerfelsen sehen könne, konnte sich aber noch gerade zurückhalten. Es wäre eine dumme Frage gewesen.
“Ich…” Er zögerte.
“Hab etwas gerochen und wollte herausfinden, was es ist.”
Dabei fing er wieder an, mit den Krallen über den Boden zu scharren.
“Aber ich glaube es war nur der Heilerbau,” murmelte er.
Schleierjunges hatte in seinem Eifer vergessen, dass der Heilerbau auch Blumen und Kräuter beinhaltete. Was er auf dem Anführerfelsen gerochen hat, hätte auch nur von dort kommen können und nicht von der Wiese.
“Kann man die Blumenwiese von hier aus riechen?”
Er konnte nicht anders und musste direkt eine Antwort auf seine Gedanken bekommen. “Riechst du sie?”
Eine leichte Brise wehte durch das Lager.
Schleierjunges wusste nicht, wie weit der Blattfall fortgeschritten war oder wie dieser überhaupt aussah. In seinem Kopf verloren die Bäume von einem Tag auf den anderen, all ihre Blätter und Blumen verwelkten erst, wenn man sie pflückte. Gewisse Dinge konnte man nur sehen. Oder von anderen erfahren.
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Alias — Steffi
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Schleierjunges schien von der Idee begeistert, dass sie Silberlicht um diesen Gefallen baten und so nahm sich Kleinmotte fest vor, die Heilerin morgen aufzusuchen und sie darum zu bitten. Schließlich war der junge Kater bald soweit zum Schüler zu werden und wie sollte das funktionieren, wenn er blind war? Sicher machte dies Schleierjunges schwer zu schaffen und die Kätzin würde dem Jungen gerne helfen.
Es schien, als habe das Junges etwas vor und neugierig beobachtete die schwarze Kätzin das Junge, wie es schließlich Stück für Stück vom Fels sprang. Dabei knickte Schleierjunges um, doch überspielte dies mit einem Grinsen. »Hast du dich nicht verletzt? « wollte Kleinmotte dennoch sichergehen. »Wenn man umknickt, kann das ganz schön wehtun. Bei meiner Besichtigung des Territoriums, bin ich mit meiner Pfote in ein Erdloch getreten und umgeknickt. Das war nicht schön und ich konnte zwei Tage kaum normal gehen « erklärte die Kätzin dem Jungen, denn Umknicken war schließlich etwas, was jedem Krieger geschehen konnte. Nun kam das blinde Junge zu ihr und erklärte ihr, dass er etwas gerochen hatte und interessierte sich dafür, ob man die Blumenwiese von hier aus riechen konnte. Doch bevor die Kätzin antworten konnte, musste Kleinmotte erst mal darüber nachdenken, denn sie hatte sich diese Frage noch nie gestellt.
»Also jetzt nicht mehr. Es gibt nicht mehr viele Blumen, die blühen « erklärte sie Schleierjunges »Aber wenn Blattfrische ist, und der Lavendel ganz frisch blüht..wenn dann ein Wind genau in die Richtung von der Blumenwiese zum Lager weht, dann kann man den Lavendel manchmal riechen « erklärte die Kätzin dem Jungen. »Wolltest du zur Blumenwiese? Alleine aus dem Lager raus, ist keine gute Idee und du musst wissen, besonders in der Nacht sind Eulen unterwegs, die uns angreifen könnten « erklärte sie. »Aber sicherlich könnten wir einen Ausflug mit Leopardenteich machen zur Blumenwiese, aber wenn es hell ist « schlug die Kätzin vor. Die Blumenwiese war ja auf der Lagerinsel und ganz so gefährlich war es dort nicht. Doch bei Nacht sollte man sich mit einem Jungen besser nicht dort aufhalten. Abgesehen davon, wenn Leopardenteich aufwachen und nach Schleierjunges suchen würde, würde sie mit Sicherheit verrückt vor Sorge um ihr Junges werden.
Alias — Efeu
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“Hast du dich nicht verletzt?”
Sein Grinsen verblasste und ein besorgter Ausdruck schleichte sich auf sein Gesicht.
Sah es so aus, als hätte er sich verletzt? Es fühlte sich eigentlich alles richtig an.
“...ich konnte zwei Tage kaum normal gehen”, hatte die Kätzin ihre Erfahrung mit ihm nonchalant mitgeteilt.
In Schleierjunges löste dies aber ein wenig Panik aus.
Konnte man sich so arg verletzen, dass man zwei Tage nicht laufen konnte? Das wäre furchtbar.
Wenn Kleinmotte, die sehen konnte, ein Erdloch nicht rechtzeitig bemerkte, wie sollte Schleierjunges sich vor so etwas in Acht nehmen?!
Natürlich versuchte sich das Schleierjunges nicht anmerken zu lassen, aber es war klar anhand seiner angespannten Körperhaltung abzulesen.
“Ein Erdloch”, wiederholte er nachdenklich.
In seinem Kopf musste er sich ein gigantisches Loch im Boden vorstellen, in welches Kleinmotte hinein fiel, sodass sie zwei Tage nicht mehr laufen konnte.
“Geht es deiner Pfote wieder gut?”, fragte er vorsichtig und wünschte, er könnte dies sehen. Hatte sie eine Narbe davon getragen? Sah ihre Pfote nun komisch aus?
“Wo war das Erdloch?” Er musste dies unbedingt vermeiden, sollte er eines Tages das Lager verlassen.
“Wieso spricht niemand über so ein großes Erdloch, wo man sich verletzen kann?”, verlangte er entrüstet zu wissen und stand voller Tatendrang auf.
“Wir sollten das Erdloch zugraben!"
“Also jetzt nicht mehr. Es gibt nicht mehr viele Blumen, die blühen.”
Das zu hören, machte Schleierjunges etwas traurig. Er konnte das Aussehen der Blumen nicht wertschätzen, aber dafür ihren Duft und das es nun weniger gab…Doch bevor sich dieses Gefühl ausbreiten konnte, fuhr Kleinmotte fort.
“... dann kann man den Lavendel manchmal riechen!”
Schleierjunges horchte auf und sein Schweif ragte auch erfreut in die Luft.
“Ich hoffe, ich kann diese Blattfrische den Lavendel riechen,” teilte er ihr begeistert mit und zuckte dann schuldig zusammen, da er wieder viel zu laut war für diese Tageszeit.
Wie ein nasser Kater blickte er Kleinmotte an, als diese ihn ertappt hatte, dass er zur Blumenwiese wollte und ihn dafür zurechtwies.
Beschämt setzte sich Schleierjunges und ließ die Schultern sacken - sein Blick zum Boden und die Ohren angelegt.
Leopardenteich hatte ihm schon einst davon erzählt, dass es nicht nur Feinde auf vier Pfoten gab, sondern auch fliegende - unter anderem fiel auch das Wort Eule.
Er hatte ganz vergessen, was für eine Gefahr solch ein Jäger darstellen würde. Und da Ihn nun auch Kleinmotte auf so etwas hinwies, fühlte es sich doch etwas ernster an.
Aber das Geräusch, das eine Eule von sich gab, hörte sich eher witzig an.
“Aber sicherlich könnten wir einen Ausflug mit Leopardenteich machen,” hörte er sie sagen und das Junge blühte wieder voll auf - die Ohren gespitzt und einem breiten Lächeln auf dem Gesicht, “aber wenn es hell ist.” Das nahm dämpfte ein wenig seine Freude, aber er verstand, dass sie natürlich jetzt nicht sofort gehen konnten.
“Natürlich, Kleinmotte!” und er stand wieder auf, voller Energie und setzte sich sofort wieder.
Er hatte ja ganz vergessen, wieso er zur Blumenwiese wollte.
“Aber… ähm,” murmelte er und wurde zunehmend leiser, “das soll ein Geheimnis sein.”
Den Blick zum Boden gerichtet, aber die Ohren lauschten scharf nach irgendwelchen Reaktionen der anderen Kätzin.
“Ich wollte…” Schleierjunges fing wieder an mit den Pfoten den Boden zu bearbeiten, als würde es ihn Quälen sein Geheimnis preiszugeben. Mit einem Seufzen sagte er dann:” Ich wollte Blumen für Leopardenteich holen.”
Nun war der Kater froh, nicht Kleinmottes Reaktion sehen zu können. Sie würde ihn bestimmt hämisch angrinsen. Was, wenn sie es bereits schon die ganez Zeit tat und er bemerkte es nicht?
Er schüttelte innerlich den Kopf.
Sei kein Mäusehirn, das ergibt doch gar keinen Sinn!
Mit einem hämmernden Herz und zitternden Ohren saß der kleine Kater vor der Kätzin und verlagerte nervös sein Gewicht von einer Seite auf die andere.
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Alias — Steffi
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Kleinmotte erzählte dem Jungen von dem Erdloch, in welches sie mal gestolpert war und sofort machte sich Schleierjunges große Gedanken über jenes Erdloch und ob es keine Gefahr darstellte. Da erkannte Kleinmotte, dass das eigentlich eine sehr logische Reaktion war. Schließlich war Schleierjunges blind und so ein Erdloch stellte sicherlich eine große Gefahr für ihn da. Kleinmotte war damals umgeknickt, weil sie das Erdloch übersehen hatte. Schleierjunges hatte gar nicht die Möglichkeit irgendwas zu sehen. Nun machte sich die schwarze Kätzin Gedanken darüber, wie sie Schleierjunges wieder beruhigen konnte, denn mit Sicherheit würde seine Mentorin gut auf ihn achten und der junge Kater würde schon herausfinden, wie er sich außerhalb des Lagers zurechtfand.
»Keine Sorge, Schleierjunges. Draußen außerhalb des Lagers gibt es immer mal wieder Erdlöcher. Kaninchen oder auch Füchse graben sie. Aber wenn es soweit ist wird dein Mentor oder deine Mentorin dir schon helfen, dich zurechtzufinden. Dann findest du heraus wo es Erdlöcher gibt und dir wird nichts geschehen « miaute sie und klang dabei sehr zuversichtlich. Dennoch fragte sie sich selbst schon, auf welche Art Schleierjunges sich wohl zurechtfinden würde.
Schließlich erzählte Schleierjunges der Kätzin von seinem Plan. Das Junge hatte vor für Leopardenteich ein paar Blumen zu sammeln und nachdenklich nickte die Kätzin »Ja, ich verstehe. Du willst Leopardenteich eine Freude bereiten, das ist sehr lieb von dir. Vielleicht kann ein weiterer Krieger und ich ja mit dir auf die Blumenwiese « schlug Kleinmotte vor und dachte darüber nach, welcher Krieger dafür eine gute Wahl war. »Vielleicht ja Schilfohr? « miaute die Kätzin nachdenklich. Der Vater von Beerennase war ein erfahrener Krieger und sicherlich würde er gut auf Schleierjunges aufpassen. Und wenn Kleinmotte ebenfalls dabei war, konnte dem Jungen doch nichts geschehen. Einer könnte auf Schleierjunges achten und der Andere würde den Himmel im Auge behalten. Ich sollte besser den Himmel im Auge behalten. Sicherlich bin ich nicht die beste Wahl, um auf ein Junges aufzupassen.
Alias — Efeu
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