Plötzlich wandte sich die Jüngere an den hübschen Kater mit einer ernst gemeinten Frage. Bei seinem Namen brummte er nur freundlich, blickte aber dann durchaus überrascht zu Abendsonne. "Kann ich dir vertrauen?" Das war eine der ehrlichsten Fragen, die er seit langem gehört hatte. Und die ehrliche Antwort darauf wäre ein überdeutliches "NEIN!" gewesen, aber die konnte er ihr natürlich nicht geben. Vielleicht hatte sie nützliche Gerüchte und Informationen gehört und wollte diese nicht an jeden x-beliebigen Idioten weitergeben. In dem Fall musste er natürlich den Treudoofen spielen, vielleicht konnte er dann diese Infos für sich zu Nutze machen. Andererseits wirkte sie eher wie eine freundliche, wenn auch unsichere Katze und nicht wie eine Tratschtante oder gar wie jemand, der aus dunklen Motiven heraus Gerüchte verbreitete. Jedenfalls war es Zeit, seine Maske wieder aufzusetzen. Er schaute die Kätzin mit ernsten, großen Augen an. "Natürlich. Wenn du was auf der Seele hast, dann bin ich gerne bereit, dir zu zuhören." Gespannt wartete er auf ihre Geschichte, doch ein feiner Geruch lenkte ihn kurz ab. Seine Schnauze suchte eifrig in der Luft und er erkannte den Geruch einer Amsel. Sein Geruchssinn lenkte ihn zu einem Busch ganz in der Nähe. "Bevor du loslegst, versuche ich schnell noch diesen Vogel zu fangen! Du musst mir auch nichts erzählen, wenn du nicht möchtest, aber immerhin bekommst du so noch mehr Bedenkzeit!" Er lächelte schräg und etwas frech, aber auch freundlich. Er durfte schließlich seine Pflichten nicht vernachlässigen, selbst wenn er mit einer hübschen und vielleicht nützlichen Kätzin unterwegs war.
Seine Haltung ging ins Schleichen über. Vögel waren eindeutig nicht seine Stärke, aber versuchen konnte er es ja trotzdem. Angespannt näherte er sich dem Amselgeruch und erspähte zwischen den Blättern des Busches ein schwarzes Gefieder. Bedächtig kam er näher, nur noch wenige Schwanzlängen blieb zwischen ihm und seiner Beute. Er wollte gerade zum Sprung ansetzen, als der Vogel die Falle bemerkte und in Windeseile gen Himmel schoss. Einen verzweifelten Sprung später stand Erdbeben mit leeren Pfoten da und ärgerte sich doch ein wenig darüber. Mit unbegeistertem Blick lief er zu Abendsonne zurück. "War ein Versuch wert..." seufzte er. Vielleicht bekam er ja dadurch ein paar Mitleidspunkte von ihr.